Debütroman
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Scheherazade und ihr Spaziergang durch die Literaturgeschichte
<p>In ihren Seminaren in der Fachrichtung Altertumswissenschaften lehrt sie griechische und r&ouml;mische Geschichte und behandelt die Welt der Mythen &ndash; nun hat die promovierte Althistorikerin Karen Aydin ihren ersten eigenen Roman ver&ouml;ffentlicht: &bdquo;Sapphos Sprung&ldquo; ist im November 2021 erschienen.</p>
© Gerhild Sieber

Karen Aydin mit ihrem Erstlingsroman „Sapphos Sprung“ vor dem Gebäude der Philosophischen Fakultät.

<p><br /> Nahe dem Punkt, &bdquo;an dem der kalkwei&szlig;e Felsen lotrecht zum Meer abfiel&ldquo;, will ein Mann mit einem Gleitschirm von einer Klippe springen. Eine Frau n&auml;hert sich ihm &ndash; &uuml;ber einen schmalen Pfad, mitten durch die gelb bl&uuml;henden Macchien. Die beiden Protagonisten befinden sich hoch &uuml;ber der Steilk&uuml;ste der griechischen Insel Lefkada. An diesem Ort, von dem die F&auml;hrschiffe zu sehen sind, &bdquo;die zwischen Brindisi und Patras unabl&auml;ssig und nimmerm&uuml;de ihre Runden drehten&ldquo;, beginnt der Roman von Karen Aydin. Der Legende nach soll sich die antike Dichterin Sappho aus Liebeskummer von hier ins Meer gest&uuml;rzt haben.&nbsp;</p> <p>Geschichten, vor allem solche mit antikem Hintergrund, sind Karen Aydins Welt: Die 47-j&auml;hrige Autorin arbeitet als Lehrkraft f&uuml;r besondere Aufgaben im Institut f&uuml;r Alte Geschichte an der Saar-Uni. &bdquo;Eigentlich wollte ich immer ins Museum&ldquo;, erz&auml;hlt sie. In ihrer Heimatstadt Oldenburg studierte sie daher Geschichte und im Anschluss Museologie und arbeitete danach in unterschiedlichen Museen. Unter anderem war sie als Kuratorin im Landesmuseum &bdquo;Natur und Mensch&ldquo; in Oldenburg t&auml;tig. Hier ging sie einer weiteren Berufung nach &ndash; &bdquo;Ich wollte schon immer schreiben&ldquo; &ndash; und begann, Kinderb&uuml;cher zu verfassen: &bdquo;Das waren kleine Geschichten &uuml;ber unser jeweiliges Ausstellungsthema, beispielsweise ein &sbquo;Gew&uuml;rzkrimi&lsquo; oder &sbquo;Zeitreisen&lsquo;, und hat viel Spa&szlig; gemacht&ldquo;, erz&auml;hlt sie.&nbsp;</p> <p>2010 zog Karen Aydin ins Saarland. Neben ihrer T&auml;tigkeit im Institut f&uuml;r Alte Geschichte&nbsp;war sie viele Jahre lang Gasth&ouml;rerin in der Anglistik. &bdquo;Die Uni bietet viele M&ouml;glichkeiten, sich weiterzubilden&ldquo;, meint sie l&auml;chelnd. &bdquo;In den zahlreichen Lehrveranstaltungen, die ich besucht habe, habe ich viele unterschiedliche Formen von Literatur kennengelernt. Irgendwann habe ich gedacht: Das m&ouml;chte ich auch.&ldquo; Bereits als Teenager hatte sie Gedichte verfasst, sp&auml;ter Kurzgeschichten, &bdquo;doch bis dahin war ich der Meinung gewesen, dass ich handwerklich f&uuml;r einen Roman nicht gut genug bin.&ldquo; Also schrieb sie &bdquo;Sapphos Sprung&ldquo; und reichte ihr Manuskript im Juli 2020 bei verschiedenen Verlagen ein. &bdquo;Ich bin ganz naiv an die Sache rangegangen&ldquo;, kommentiert die Autorin die vielen Absagen, die sie erhielt. &bdquo;Ein Verlag gab mir den Rat, es sei &uuml;blich, &uuml;ber einen Literaturagenten zu gehen.&ldquo; Doch letztendlich habe der 40. Verlag, die &bdquo;edition federleicht&ldquo;, zugesagt und den Roman im November 2021 herausgebracht.</p> <p>
© Gerhild Sieber

„Man kann es als Liebesgeschichte lesen, wenn man will. Aber mehr noch ist es eine Geschichte, die sich um das Geschichtenerzählen dreht, ähnlich wie bei Scheherazade aus ‚Tausendundeine Nacht‘.“

</p> <p>&bdquo;Mein Roman ist ein Spaziergang durch die Literaturgeschichte, ausgehend von der Antike&ldquo;, erl&auml;utert die Autorin: &bdquo;Um ihn vom Sprung abzuhalten, erz&auml;hlt die Frau dem Mann auf der Klippe Geschichten unterschiedlicher Genres. In allen geht es um Liebesbeziehungen, Tr&auml;ume, Konflikte und Entscheidungen.&ldquo; &nbsp;Die Protagonisten, deren Namen der Leser bis zum Schluss nicht erf&auml;hrt, treffen sich an zehn aufeinander folgenden Tagen an diesem Ort hoch &uuml;ber dem dunkelblauen Meer, und die Frau erz&auml;hlt jeweils die Geschichte vom Vortag zu Ende. &bdquo;Man kann es als Liebesgeschichte lesen, wenn man will. Aber mehr noch ist es eine Geschichte, die sich um das Geschichtenerz&auml;hlen dreht, &auml;hnlich wie bei Scheherazade aus &sbquo;Tausendundeine Nacht&lsquo;.&ldquo;</p> <p>Geschichten, Literatur und das Altertum faszinieren die Autorin gleicherma&szlig;en. Ihre Lehrveranstaltungen im Fach &bdquo;Alte Geschichte&ldquo; decken die Antike (seit ihrem fr&uuml;hesten Dichter Homer) bis zum Ende der r&ouml;mischen Kaiserzeit (im sp&auml;ten dritten Jahrhundert) ab.&nbsp;&bdquo;Grunds&auml;tzlich befasse ich mich mit allen Themen dieser Epochen, doch wenn es passt, bevorzuge ich kulturgeschichtliche und literaturgeschichtliche Themen.&ldquo; Zudem mache sie gerne Lehrveranstaltungen zu ungew&ouml;hnlichen Geschichten, zum Beispiel &bdquo;Spuk in der Antike&ldquo; oder &bdquo;Rituale&ldquo;, berichtet Karen Aydin, die 2002 zu den Frauen in Ciceros Familie promoviert hat. &bdquo;Auch die Rezeptionsgeschichte liebe ich, wie &sbquo;Die Antike bei Shakespeare&lsquo; oder &sbquo;Julius C&auml;sar in den verschiedensten Medien, vom Film bis hin zu Computerspiel und Kunst&lsquo;.&ldquo;</p> <p>C&auml;sar sei &uuml;brigens auch der Protagonist ihres n&auml;chsten Buches, verr&auml;t sie. Und: &bdquo;Er ist ein Vampir.&ldquo; Der Roman mit dem Titel &bdquo;Tote bei&szlig;en nicht&ldquo; sei bereits in Produktion. &bdquo;Es ist eine&nbsp;Dark Fantasy-Geschichte &uuml;ber die Antike mit Vampiren und anderen Monstern.&ldquo;</p>
Text:Gerhild Sieber
Gerhild Sieber
05.09.2022
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